Am Donnerstag, den 22.4. war Elisa Köppen vom Fernsehsender TV aktuell Regensburg bei uns am Regen und hat über die aktuell unbefriedigende Situation für den Kanutourismus an den Flüssen Schwarzer Regen und Regen ein Interview mit uns geführt. Erstmalig gesendet wurde der Beitrag am 23.04.2021.
Den TV-Beitrag findest Du hier.
Was ist überhaupt da am Regen los? Warum ist es auf einmal so schwierig, den gewerblichen Kanubetrieb zu „genehmigen“.
Der Sommer und die Besucher des Bayerischen Waldes steht vor der Tür und die Landkreise Regen und Cham schaffen es nicht, den örtlichen Kanuverleihern die seit kurzem erforderlichen Genehmigungen zu erteilen, damit diese Kanus an den genannten Flüssen verleihen dürfen.
Warum überhaupt diese „Schifffahrtsgenehmigungen“? Die wurden doch noch nie verlangt, in über 30 Jahren Geschichte des Kanuverleihs im Landkreis.
Schauen wir zurück in die Jahre 2020 und 2019. Was war passiert?
Der Landkreis Regen forderte von den örtlichen Kanuverleihern Anträge auf Schifffahrtsgenehmigungen ein, weil die Besucherzahlen in den Jahren davor merklich angestiegen waren. Im Rahmen dieser Genehmigungen, die dann erteilt wurden, wurde die Anzahl der Kanus, die auf das Wasser gebracht werden, seitens der Verleiher in Eigenregie bereits stark reduziert (teilweise über 50%), um den Naturschutzbelangen Rechnung zu tragen.
Trotzdem sind nach Erteilung der Genehmigungen Klagen von Fischereivereinen (z.B. aus München) eingegangen, die letztlich dazu führten, dass die Genehmigungen des Landkreises Regen für die gewerbliche Kanuvermietung (die sowieso nur für 2 Jahre befristet erteilt wurden) wieder komplett zurückgezogen wurden. Somit war der Kanuverleih im Landkreis Regen nicht mehr legal möglich.
Die Buchungen von Gästen und die Anfragen für den Verleih kommen natürlich trotzdem in großer Zahl bei den Verleihern an.
Aufgrund der – ebenfalls von „oben“ – angeordneten Reisebeschränkungen für das Ausland machten viele Besucher Tagesausflüge und auch längeren Urlaub, z.B. im Wohnmobil oder Zelt im Bayerischen Wald.
Was tun also – völlig verständlicherweise – die Verleiher aus dem Landkreis Regen? Sie weichen mit ihren Gästen auf Strecken im benachbarten Landkreis Cham aus, also weiter unten am Fluss Regen, wo natürlich auch schon seit vielen Jahren 3 ortsansässige Verleiher aktiv sind.
Das führte dazu, dass im Sommer 2020 einigen Leuten die Gäste dort zu viel wurden (wollte man nicht den Tourismus fördern?) und diese auf den Landrat in Cham zugingen und forderten, dass dem dringend Einhalt geboten werden müsse.
Lachende Jugendgruppen, Familien, Junggesellenabschiede, Junggesellinnenabschiede, Vereine, etc. waren in großer Zahl auf dem Fluss im Zeitraum von etwa 4 Monaten (Mitte Mai bis Ferienende September) unterwegs, bevorzugt zwischen Blaibach und Cham. Die sind naturgemäß eben nicht so unauffällig, wie es einige Leute gerne hätten. Wer will es ihnen verdenken? Reisen in’s Ausland schwierig, Sommer, tolles Wetter, die Lust daran, Natur und Wasser zu erleben.
Aus eigener Erfahrung aus über 30 Jahren Kanusport auf dem Regen kann ich sagen, dass der Fluss während 7-8 Monaten des Jahres fast völlig unberührt durch die Landschaft fließt. Nur einzelne, meist „professionelle“ (Merkmale: Eigene Ausrüstung, langjährige Paddler, Wind und Wetter, Kälte kein Problem, sehr naturverbunden, umweltbewusst) Paddler und kleine Vereinsgruppen sind während dieser Zeiträume dort unterwegs. Die ortsansässigen Bewohner werden das bestätigen können.
Die Urlaubspaddler, die in größeren Zahlen kommen, und die die Kundschaft der Kanuverleiher darstellen, sind während einiger Wochenenden im Mai und Juni und natürlich während der großen Ferien im Sommer dort anzutreffen. Und das natürlich hauptsächlich bei schönem Wetter.
Die Gemeinden ihrerseits würden gut daran tun, die Besucher willkommen zu heißen und einen Mehrwert daraus zu ziehen, indem beispielsweise legale Stellplätze für Wohnmobile, Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten, Sanitäranlagen geschaffen werden. Das erfordert natürlich Investitionen, erhöht aber die Attraktivität der Gemeinde. Ein Teil der Kanuverleiher hat deutlich signalisiert, dass sie sich eine „Infrastrukturabgabe“ für jedes verliehene Kanu, die direkt den anliegenden Gemeinden zugute kommt, und die für solche Investitionen oder den laufenden Unterhalt, wie Reinigung, etc. verwendet werden kann, durchaus vorstellen können.
Allerdings muss man auch ganz klar sagen: Die „Kleinstaaterei“ zwischen den Landkreisen hat mit zu der Verdichtung der Paddler beigetragen. Und die Klage von elitären Fliegenfischern aus München (Angenommener Streitwert: Mittlerer vierstelliger Bereich). Der Schaden für den Urlauber? Um ein Vielfaches größer.
Was steht für 2021 zu befürchten?
Der Landkreis Regen macht die Erteilung von Genehmigungen vom Vorliegen eines FFH-Gutachtens abhängig, welches hauptsächlich durch die Kanuverleiher finanziert wurde und gerade in Fertigstellung ist. Das dauert. Wie danach die Regelungen aussehen, kann nur erahnt werden, es läuft aber darauf hinaus, dass das Kanufahren im Sommer nur an wenigen Tagen mit äußerst begrenzter Kanuanzahl möglich sein wird.
Es laufen dort sogar Bestrebungen, das private Kanufahren von Einzelpaddlern und Vereinen mit eigenen Kanus über große Zeiträume im Jahr komplett zu verbieten. Dieses ist ein Skandal und tangiert direkt den in Bayern gesetzlich verankerten Gemeingebrauch.
Und im Landkreis Cham?
Der Landkreis Cham erteilt die benötigte Schifffahrtsgenehmigung nur für eine Halbtagesstrecke zwischen Blaibach und Chamerau mit einem stark reduzierten täglichen Bootskontingent.
Das würde dazu führen, dass sich wieder alles auf einem kleinen Raum verdichtet, mehrtägige Kanuwanderungen für Menschen, die kein eigenes Kanu besitzen, nicht mehr möglich sind und somit die Kanuwanderstrecke des Flusses Regen, die in der Vergangenheit ein Besuchermagnet gewesen ist und für Einkünfte vieler örtlich ansässiger Unternehmen geführt hat, in Zukunft Geschichte sein wird.
Sollte der Landkreis Cham Genehmigungen für den Kanuverleih nur noch für eine Halbtagestour innerhalb des Landkreisgebiets erteilen, ist der Kanuwanderweg Regen für Besucher ohne eigenes Kanu de facto Geschichte.
Thomas Schmidt, Eigentümer von wasserwucht.de, Mitglied des Bundesverbandes Kanu (BV Kanu)
Viele Besucher werden keine Möglichkeit mehr erhalten, eines der dann sehr raren Tageskontingente zu erhalten, größere Gruppen werden voraussichtlich gar nicht mehr paddeln können.
Keine gute Botschaft an die Besucher.
Im TV-Interview sagte ich dazu: „Das Kanufahren auf dem Regen zu verbieten ist wie, als wenn man im Elbsandsteingebirge das Klettern verbieten würde“. Oder in den Alpen.